PM: Zuständigkeits-Chaos – geht es wirklich noch um Schutz und Bildung?

Liebe Eltern und liebe Bildungsinteressierte in Dortmund,

hier unsere Pressemitteilung über das Zuständigkeitschaos in Dortmund im Umgang mit der Corona Pandemie….

Nun ist es so weit- die Stadt Dortmund verlässt sich nicht mehr auf (nicht) vorhandene Studien, sondern hat ein eigenes mobiles- Testfahrzeug gebucht, um so ein Bild zu bekommen, ob und wie sich Infektionen an Schulen ausbreiten. Bisher war es sehr undurchsichtig und hat zu großen Verwirrungen an Schulen geführt, wer, wann und wie informiert oder in Quarantäne kommt oder getestet wird. Nun zeichnet sich, zu mindestens bis zum Ende der Testphase Ende Oktober, mehr Klarheit ab.

An allen Schulen, wo bestätigte Infektionen auftreten, sollen alle aus der jeweiligen Kohorte (Klasse/ Kurs/ Stufe) am ersten, sechsten und zwölften Tag getestet werden. Dafür fährt das Mobil zur Schule und wird die betroffenen Gruppen vor Ort testen, die dann (vermutlich) in Quarantäne bleiben müssen.

Welche Konsequenz die Auswertung haben wird, ist noch nicht absehbar. Zurzeit geht das Ministerium für Schule und Bildung (MSB) davon aus, dass keinerlei Übertragung einer Infektionen in einer Schule stattfindet, sondern alle Infektionen in die Schule durch Familien hineingetragen werden. Daran bleiben aber große Zweifel. Deshalb sind die Stadteltern Dortmund dankbar, dass nun endlich dort umfangreich getestet wird, wo auch Infektionen auftreten können. Eine Fortsetzung der anlasslosen Testungen für Lehrkräfte soll es aber nach den Herbstferien nicht mehr geben und Pooltestungen sind ausgeschlossen, weil die Testkapazitäten und Teststraßen nicht ausreichen, erklärt das Gesundheitsamt in Dortmund und MSB.

„Nach den Herbstferien brauchen wir einen nachvollziehbaren Fahrplan, was, wie und wann passiert. Dieser muss klar verständlich und mehrsprachig sein und muss sich nicht nach Standort der Schule und nicht nach dem Wohnort der Betroffen richten,“ fordert Thomas Minor Gymnasialsprecher der Dortmunder Stadteltern, weil es nicht um Vorwissen, sondern um Vertrauen geht.

Trotzdem fehlt es weiterhin an Transparenz an den Schulen. Die Handhabung der Informationsweitergabe ist weiterhin ambivalent und hinterlässt bei vielen Eltern das Gefühl einer Entmündigung, wenn sie nicht mit informiert werden, dass es Verdachtsfälle oder Infektionen an ihrer Schule gibt. Begründet wird dieses Vorgehen vom Gesundheitsamt Dortmund mit dem Datenschutz. Dieser hat ein höheres Gewicht als der Informationsbedarf der Eltern. Deshalb werben Gesundheitsamt, Schulverwaltung und Schulleitungen um Vertrauen, dass alle die informiert werden, die unmittelbar betroffen sind. Doch dieses Vertrauen wird kontrakariert durch zahlreiche Stille-Post- Ketten, die häufig auch von den Betroffenen selbst im Umlauf gebracht werden.

Hinzu kommt aber auch, dass gerade diese Information wichtig wäre für Schüler- und Lehrer- Risikogruppen, die derzeit versuchen weiter zu unterrichten oder am Unterricht teilzunehmen und unter Umständen bei auftretenden Verdacht oder Infektion, bis zur Klärung eher die Distanz wählen würden. Hier fehlen Lösungen, damit eine gefühlte Sicherheit, aber vor allem Vertrauen erhalten bleibt. Derzeit ist aber nicht einmal klar, wie viele Risikolehrer*innen und Schüler*innen an welcher Schule oder in welcher Gruppe gibt, die dann im Einzelfall auch informiert werden könnten. Für diese Risikogruppen fehlen auch Hilfen und Angebote zum Selbstschutz. So wollte das MSB ausreichend FFP-2 Masken für alle Lehrkräfte zur Verfügung stellen. Die Schulverwaltung bemängelt aber die ausreichende Bereitstellung dieser Mittel, weil Lehrkräfte nun mal Angestellte des Landes sind. Gleichzeitig werden aber Risikoschülergruppen überhaupt nicht berücksichtigt und erhalten weder vom Land noch von den Kommunen noch von den Krankenkassen eine Unterstützung. Jeder verweist auf den anderen. Die Risikogruppe wird weiterhin schlicht vergessen.

Das MSB bestreitet den Umstand und behauptet, dass knapp 3 Million Euro für Masken und zusätzlichen Schutz für alle Schulen in NRW zur Verfügung gestellt wurden, aber nicht einmal 1/3 der Mittel bisher abgerufen wurde. Doch den Schulen fehlen die Masken und wieder einmal fragen sich die Betroffenen: Wem soll man noch glauben? Selbst wenn weitere 2/3 noch zur Verfügung stehen würden, dann standen aber den 2,5 Millionen Schülern plus Lehrkräften zur Beschaffung nicht einmal 1,10 € pro Kopf zur Verfügung. Mehr scheint Gesundheitsschutz der Schüler*innen und Lehrkräfte den Verantwortlichen nicht wert zu sein?! Würde die Stadt Dortmund die Ausstattung der 80.000 Schüler*innen mit Einwegmasken in Dortmund übernehmen, müssten mindestens 400.000 Euro pro Monat veranschlagt werden, erklärte die Schulverwaltungs-Dezernentin Daniela Schneckenburger den Stadteltern. Dies ist nicht leistbar für die Kommunen. Guten Schutz erhält also nur wer es sich leisten kann eigene Masken anzuschaffen und sich leisten kann privat zu testen!?

„Bitter für Bildung, dass keine vergleichbaren Ressourcen wie für Ligaspiele oder TV- Musikwettbewerbe vorhanden sind, weil leider die Lobby fehlt. Aber bedauerlich verständlich, weil diesen Stellenwert bisher nicht einmal medizinisch Tätige erhalten, denn auch dort fehlen immer noch Mittel für Testung und Schutz, “ sagt die Vorsitzende der Stadteltern Dortmund und fordert Lösungen. Statt umweltbelastende Einwegmasken, sollten alle nicht Risiko-Lehrkräfte und die Schülerschaft einmalig mit Community (Stoff) MNS-Masken mit ausreichender Wechselmöglichkeit ausgestattet werden und allen Risikogruppen FFP2 Masken zur Verfügung gestellt bekommen.

Doch die Forderungen und der angebliche (Vor-) Wissensdurst der Betroffenen in Schule hat nicht nur etwas mit Schutz oder Planungssicherheit zu tun. Von transparenten Informationen leitet sich auch der Anspruch auf Distanzunterricht ab. Anspruch auf Distanzunterricht haben laut Verordnung alle unter Verdacht oder an Covid-19 infizierten Schüler*innen und die, die vorsichthalber unter Quarantäne gestellt werden. Doch betroffen sind nun auch alle Schüler*innen die wegen ähnlichen Symptome nach Hause geschickt oder längerfristig zuhause abwarten müssen. Erhält die Schule keine Information über einen Verdacht oder über eine Testung, dann erschwert das den Anspruch der Schüler*innen auf Distanzunterricht. Es bringt sie dann schnell in einen Bettelstatus mit den notwendigen Aufgaben versorgt zu werden, weil Schulen den Anspruch auf Distanzbeschulung häufig anzweifeln. Dies tun sie nicht grundlos, denn der Distanzunterricht fordert anfänglich Umstellung, die mit Aufwand, Planungszeit und Ressourcen verbunden ist, die Schulen nicht erhalten. Schülerpaten können das bei längeren Krankheitstagen nicht kompensieren.

Die Stadteltern schlagen dafür zwei Lösungsansätze vor:

Erstens, dass ab sofort alle Schul- und Hausaufgaben in allen Fächern (dort wo bereits möglich ist) in den digitalen Foren hochgeladen werden und allen Schüler*innen nicht nur den erkrankt, getestet oder in Quarantäne befindlichen, zur Verfügung gestellt werden. Das wäre der einfachste Weg und eine Gewöhnung an Distanzlernen. Dafür ist aber eine grundsätzliche Systemumstellung notwendig. Die zweite Lösung wäre einen landeseinheitlichen zentralen Onlineunterricht einzurichten für jede Jahrgangsstufen und Schulform. Dies würde externe Ressourcen binden und eine notwendige enge Abstimmung mit den Schulen fordern. Doch für beide Varianten werden personelle Ressourcen und Planungszeiten benötigt. Beide würden aber mehr Planungssicherheit bieten.

„Wer aber immer noch behauptet, es gäbe Regelunterricht an Schulen und nicht erkennt, dass weder der Frontalunterricht, noch die erhöhten Krankmeldungen, Quarantänephasen und vieles andere keine Auswirkungen auf den Regelbetrieb haben, der scheint nicht akzeptieren zu wollen, dass wir Mitten in einer Krise stecken, für deren Bewältigung dringlich mehr Ressourcen, mehr Personal und andere Konzepte benötigen werden,“ sagt die Vorsitzende der Stadteltern, Anke Staar.

Darum fordern die Stadteltern Dortmund erneut, dass Bund und Land endlich ausreichend Mittel zur Verfügung stellen, die Bildung und Betreuung unabhängig von der Liquidität der Kommunen machen. Da der Mangel schon vor der Krise erheblich war und NRW als Schlusslicht der Bildungsausgaben im Ländervergleich auf Platz 16 liegt, können sich die verantwortlichen Politiker sicher sein, dass jeder Cent notwendig ist und Subventionen auch nicht verpuffen. Schulen werden sicherlich niemand entlassen, wenn sie mehr Ressourcen erhalten, wie nun vielfach bei geretteten Großkonzernen zu beobachten.

Wann, wenn nicht jetzt: „Bildung und Betreuung muss den systemrelevanten Stellenwert erhalten, denn für die Zukunft unserer Kinder brauchen!“

Stadteltern Dortmund
Anke Staar Thomas Minor Dortmund, 4. Oktober 2020

Download (PDF, 134KB)